Fehlende rechtliche Bindungswirkung bei Trödelmärkten in GE?

Gelsenkirchen/Düsseldorf. Mit der Love-Parade-Tragödie hat sich das Genehmigungsverfahren für Veranstaltungen geändert. Ob die Stadt Gelsenkirchen dies bei ihrer aktuellen Beurteilung der Lage nach Bericht in der WAZ und einer Verwaltungsvorlage mit Daten aus 2015 zu den Trödelmärkten in der Stadt genügend berücksichtigt hat, ist fraglich.

In Leverkusen ist diese Einsicht jedenfalls bereits im Herbst 2016 im Rathaus angekommen:

Die Verwaltung machte deutlich, „neu sei lediglich, dass die Trödelmärkte eine Baugenehmigung benötigen. Hintergrund: Im Brandfall oder bei erforderlichen Rettungsmaßnahmen für Personen auf dem Marktgelände muss die Feuerwehr eingreifen können. Diese Verschärfung ist eine der Konsequenzen aus der Love-Parade-Katastrophe von Duisburg.“

Trödelmärkte – Stellplätze – Bauliche Anlagen

Demnach sind Stellplätze (für Trödelmärkte) Bauliche Anlagen im Sinne von § 2 BauO NRW. Bei Nutzungsänderung bedarf es eines Bauantrages gemäß $ 51 Abs. 2, 63 und 69 ff. wegen wesentlicher Nutzungsänderung.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BauPrüfVO wird eine detailierte Erläuterung der Nutzung gefordert, so dass eine rechtliche Qualifizierung des Vorhabens und seine baurechtliche Bewertung vorgenommen werden kann. Wesentliche, die konkrete Betriebsform kennzeichnende Umstände müssen danach klar und nachvollziehbar vorgestellt werden.

Wenn die Stadt einen Forderungskatalog hat, wie Rechtsdezernent Christopher Schmitt angibt, würde dieser bei der Prüfung entsprechend in das Genehmigungsverfahren einfliessen müssen.

Insbesondere bezüglich des Brandschutzes wird es erforderlich sein die Waren zu bezeichnen, die „feuer-, explosions- oder gesundheitsgefährlich sind. (§ 5 Abs. 2 BauPrüfVO) Auch insofern wäre der städtische Forderungskatalog rechtlich bindend in das Ermessen der Bauaufsicht einzuarbeiten.

Fragwürdige Erklärung des Rechtsdezernenten zum städtischen Forderungskatalog

Es kann demnach nicht nachvollzogen werden, dass Rechtsdezernent Dr. Christopher Schmitt meint, der städtische Forderungskatalog habe für den Betrieb des Trödelmarktes keine Bindungswirkung, in dem er darauf verweist, dass keine vertragliche Verpflichtung des Marktbetreibers erfolgt sei. Insoweit der Rechtsdezernent in seiner Äußerung die rechtliche Bindungswirkung aus der BauO und BauPrüfVO außer acht lässt, fragt sich der Bürger zu recht, ob in der Stadt bei Anträgen zur baulichen Nutzung nach zweierlei Maßstäben geurteilt wird.

Rechtliche Vorgaben nur so zum Spaß?

Äußerst lückenhafte Erklärung der Verwaltung

Bei der Verwaltung scheint die verschärfte Genehmigungspflicht von Trödelmärkten im Zuge der Love-Parade-Katastrophe nicht angekommen zu sein, wenn es in der Vorlage der Verwaltung VB 6 – 14-20/5288, vom 11.01.2018, Frau Kahrels – heißt:

„Trödelmärkte unterliegen insofern keiner “planungs- oder baurechtlichen Steuerung“.

Dieses hat das vom Gutachterbüro Junker und Kruse in der Sitzung des Stadtentwicklungs- und Planungsausschusses am 04.11.2015 bei der Beratung der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts (siehe Protokoll zur Drucksache 14-20/2028 [??? – 2082!! -Protokoll, S. 6 ff.] vom 04.11.2015) ausdrücklich nochmals dargelegt. Trödelmärkte seien insofern “kein Einzelhandel im engeren Sinne“.

Stellplatznutzung als Trödelmarkt ist genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung im Sinne der BauO NRW

Die Verwaltung verkennt mit dieser Einschätzung die Tatsache, dass spätestens seit der Tragödie von „Duisburg“ die Nutzungsänderung von Stellplätzen als Trödelmärkte erklärtermaßen den strengen Vorschriften der Baugenehmigung nach BauO NRW unterliegt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte bereits im Jahr 2004 die Nutzungsänderung als genehmigungsbedürftig erkannt:

„Die Errichtung des Trödelmarktes bedarf der Baugenehmigung (§ 63 Abs. 1 BauO NRW). Es handelt sich um die Nutzungsänderung des universitären Parkplatzes.“

Angesichts dieser Rechtslage ist die Ansicht des Rechtsdezernenten und der Verwaltung erklärtermaßen unverständlich.

Verwaltung muss die geltende Rechtslage lösungsorientiert aufarbeiten

In diesem Sinne ließe sich mit Werner Wöll (CDU) die Forderung aus dem Jahr 2015 wiederholen, die Verwaltung möge „verschiedene Überlegungen zu den sogenannten Trödelmärkten anzustellen, welche Möglichkeiten es vor dem Hintergrund des geltenden Rechts gebe, die Problematik aufzuarbeiten und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Im Wege einer Vorlage sollte das dargestellt werden“. (Protokoll, S. 7/8)

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